Pflege für das Endothel

Stickstoffmonoxid – kurz NO – ist der Blutdruckregulator unseres Körpers. Das Gas muss in den richtigen Mengen im Endothel zur Verfügung stehen, damit Gefäße weitgestellt werden können und der Blutdruck sich wieder normalisiert. Hauptakteur bei der NO-Bildung ist die Aminosäure L-Arginin. Ein Defizit führt zu NO-Mangel, Bluthochdruck, Thrombose und in weiterer Folge zu Atherosklerose.
Von Dr. phil. Doris Steiner-Ehrenberger und Theresa Teufl B.A., B.Sc.

Im Jahr 1998 erhielten die Mediziner Ignarro, Furchgott und Murad den Medizin-Nobelpreis für ihre Erkenntnisse zum blutdrucksenkenden Botenstoff Stickstoff-monoxid (NO). Die Aminosäure Arginin stellten sie dabei als Schlüssel gegen Gefäßschädigungen dar. Für jeden Medizinstudenten gehört es seitdem zum Lehrbuchwissen, dass die von Arginin abhängige NO-Bildung bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen fast immer gestört ist. Für manche handelt es sich dabei sogar um eine Art „Arginin-Mangel-Krankheit“, die geradewegs in die Atherosklerose führt.

Endothel – was ist das?
Eine flächendeckende Schicht aus Zellen bildet das Innere der Blutgefäße, hauchdünn und glatt – das Endothel. Für seine Gesundheit und gute Funktion ist NO maßgeblich. Das Gas sorgt für eine glatte Oberfläche, normalen Blutdruck, die richtige Durchlässigkeit der Gefäße, einen entsprechenden Gefäßtonus sowie eine gute Fließfähigkeit und Gerinnung des Blutes.

Atherosklerose stoppen
Arginin-Mangel ist zwar nicht der einzige Risikofaktor für die Volkskrankheit Atherosklerose, aber ein sehr bedeutender, weil so viel weiteres „dranhängt“. Idealerweise nützt man die zehn, zwanzig Jahre, die vom Beginn einer Arteriosklerose über einen langen, oft symptomlosen Verlauf, bis hin zu ernsten Problemen mit Herzinfarkt oder Schlaganfall vergehen. Obwohl die Aminosäure in zahlreichen Nahrungsmitteln wie Fleisch, Fisch, Garnelen, Nüssen, Samen oder Schokolade vorkommt und außerdem vom Körper selbst gebildet wird, kann ein Arginin-Defizit entstehen. Denn die Eigenproduktion kann bei hohem Verbrauch durch Stress, Verletzungen, Verbrennungen oder Wachstumsphasen eventuell nicht ausreichen.

DIE ZUSAMMENHÄNGE

Arginin-Mangel verursacht eine endotheliale Dysfunktion, löst Gefäß-Risikofaktoren aus und führt weiter zur Atherosklerose. In folgenden Schritten:

  • Für die Stickstoffbildung wird die Aminosäure L-Arginin benötigt. Bei einer Unterversorgung kommt es zu einem NO-Defizit im Blutgefäß. Daraus entsteht die endotheliale Dysfunktion
    – längerfristig mit gravierenden Folgen. Denn das Gas sollte als Botenstoff fungieren und regulierende Prozesse in Gang setzen.
  • Stattdessen steigen Gefäß-Risikofaktoren. Dazu zählen Bluthochdruck – der Körper muss mehr Druck aufbringen, um die Blutsäule durch die zu enggestellten Blutgefäße zu bewegen –, schlechter Blutfluss, verklumptes erhöhtes Homocystein und LDL-Cholesterin, das auch noch oxidiert sein kann, wenn NO als bedeutendes Antioxidans fehlt. Nur oxidiertes Cholesterin legt sich am Endothel an.
  • Aufgrund des NO-Mangels ist das Endothel längst nicht mehr so glatt und elastisch, sondern aufgeraut und es kommt eher zu Plaquebildung. In späterer Folge kann Angina pectoris auftreten und das Herz muss sich übermäßig anstrengen.

ADMA blockiert Arginin
Außerdem gibt es noch einen weiteren triftigen Grund für ein Arginin-Defizit und das sollte jeder potentiell Betroffene wissen, denn immerhin sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach wie vor Todesursache Nummer eins. Arginin hat einen „Feind“, das asymmetrische Dimethylarginin (ADMA). Wenn dieser wenig bekannte Risikofaktor im Blut auftaucht, schreiten Gefäßerkrankungen schnell voran. Bei Gefäßproblematiken wie Bluthochdruck, Durchblutungsstörungen, erhöhtem Homocystein und Diabetes ist ADMA oft bereits stark erhöht – um das 4-fache sogar. ADMA ist sozusagen eine „schädliche Form von Arginin“, entstanden durch Methylierung von Arginin-Resten. Das zentrale Problem dabei: ADMA hemmt die für die NO-Bildung zuständigen Enzyme und verringert auch noch die Bioverfügbarkeit von Arginin.
Erhöhte ADMA-Spiegel sind deshalb ein Hinweis auf Arginin-Mangel, der ein sehr gefährliches NO-Defizit hervorruft und den Beginn der Atherosklerose einleitet.

Erhöhte ADMA-Spiegel im Blut weisen auf Arginin-Mangel hin, der den Beginn der Atherosklerose einleitet.

Weitere Folge: Oxidativer Stress
Die Atherosklerose ist in erster Linie eine Entzündungserkrankung und immer von Oxidation begleitet. Da NO auch antioxidativ und damit entzündungshemmend sowie gefäßschützend wirkt, schreitet bei NO-Mangel die Arteriosklerose gut voran. Die reaktiven Superoxide werden nicht mehr vom NO in Schach gehalten. Sie verbrauchen sogar noch das letzte NO und es kommt unweigerlich zum oxidativen Stress. Übergewicht, Rauchen und Diabetes werden vor allem in diesem Stadium zur großen Gefahr.

ADMA erhöht? Diese Werte gelten
Erhöhte ADMA-Werte im Blut sind heute nicht nur ein wichtiger Parameter für er-höhtes Herz-Kreislauf-Risiko, sondern noch dazu ein exakterer Hinweis auf Arteriosklerose als Blutzucker-, Cholesterin- oder Blutdruckwerte. Darum macht es Sinn, ADMA und eventuell auch Arginin im Blut messen zu lassen. Das machen aber nur wenige Labore. Ein erhöhtes Gefährdungsrisiko beginnt bei einer ADMA-Konzentration ab 0,7 μmol/l. Der Arginin-Spiegel sollte zwischen 80 und 120 µmol/l liegen, wobei 120 µmol/l wünschenswert wäre. Ist der Arginin-Spiegel niedrig, wird gleichzeitig ADMA hoch sein, vor allem, wenn dabei weitere Risikofaktoren wie hochsensitives CRP, oxidiertes LDL-Cholesterin und Homocystein hoch sind.

Eine Rezeptur für das Endothel
Eine Reparatur-Rezeptur für das Endothel muss Arginin enthalten, am besten in veganer Form aus fermentierten Pflanzen, aber auch nicht zu hoch dosiert und laut Studien im richtigen Verhältnis zur Vorstufe Citrullin. Wie Arginin ist auch Citrullin aus der Wassermelone an der NO-Produktion beteiligt. Während die Einnahme von Arginin zu einer schnellen Steigerung der NO-Konzentration im Plasma führt, kann Citrullin die Arginin-Wirkung verlängern, indem die Umwandlung zeitverzögert erfolgt. Das ist deshalb von Bedeutung, da NO nicht gespeichert wird und Arginin nach drei Stunden abgebaut ist.

Gibt es günstige Zusätze?
Wichtig ist weiters laut Studien Vitamin C als Antioxidans, etwa in natürlicher Form aus der Acerola Kirsche. Günstig ist auch gefäßentspannendes Magnesium in gut aufnehmbarer Form.
Der Vitamin B-Komplex kann zur Senkung von Homocystein und zur Entspannung im Zusammenwirken mit Magnesium beitragen. Beide Nährstoffe unterstützen sich gegenseitig. Allerdings wäre es ein Fehler mit Hochdosen einzelner B-Vitamine zu arbeiten. Studien zeigten, dass eine überproportionale B6-, B9- und B12-Zufuhr für einen massiven Anstieg der AD-MA-Konzentration sorgt, also genau das Gegenteil bewirkt von dem, was man erzielen will.

Bluthochdruck seit einer Covid-Infektion deutet auf Arginin-Mangel und daher auf Stickstoffdefizit im Endothel.

Arginin HCL oder Arginin Base?
Prinzipiell enthält Arginin Base mehr verfügbares Arginin als das Arginin HCL, das nur bis zu 83 Prozent Arginin bereitstellt. Allerdings schmeckt Arginin Base zu schlecht, um es als Bestandteil eines Getränks zu verwenden. Verwendet man stattdessen Kapseln, dann muss man sehr viele schlucken, wenn man gleichzeitig synergistisch wirkende Substanzen wie die Aminosäure Citrullin und Vitamin C in die Kapseln miteinpacken möchte.
Wenn Arginin HCL, dann aber bitte vegan. Denn die Billig-Qualität wird aus Haaren und Federn gewonnen. Veganes Arginin HCL stammt aus Fermentation von Pflanzen, ist weit besser aufnehmbar, hat einen hohen Reinheitsgrad, ist sehr stabil, gut wasserlöslich und geschmacksneutral.

Was kann erreicht werden?
Wenn durch Zufuhr von Arginin und Citrullin das Verhältnis zwischen ADMA und Arginin wieder stimmt, kann auch die NO-Bildung wieder funktionieren. NO

  • Entspannt die glatte Gefäßmuskulatur, weitet Gefäße und senkt Bluthochdruck,
  • Entlastet das Herz,
  • Bremst die Verklumpung der Blutplättchen und die Bildung von Blutgerinnseln,
  • Verbessert Blutfluss, Durchblutung, Sauerstoff- und Nährstofftransport,
  • Reduziert Cholesterin und Oxidation von gefäßschädigendem LDL-Cholesterin,
  • Spart mitunter synthetische Cholesterinsenker (Statine) ein, Hemmt Plaquebildung an der Oberfläche des Endothels,
  • Senkt Homocystein und schützt das Endothel vor weiteren Schäden,
  • Neutralisiert oxidativen Stress und verlangsamt den Alterungsprozess der Gefäße,
  • Regeneriert die Oberfläche des Endothels,
  • Stoppt Atherosklerose.

WAS KANN L-ARGININ SONST NOCH

Hohe Blutzuckerwerte erhöhen bei Diabetes das Risiko für Gefäßprobleme inklusive Herzinfarkt, Schlaganfall, Nerven- und Nierenschäden. Arginin repariert das Endothel und verbessert damit die Gefäßgesundheit. Zusätzlich reagieren die Zellen besser auf Insulin und das führt zu einer raschen, effizienten Senkung des Blutzuckerspiegels. Darüber hinaus stimuliert Arginin die Zellen der Bauchspeicheldrüse, bei Diabetes Typ 2 mehr Insulin freizusetzen.

Arginin bzw. das daraus gebildete NO regelt außerdem die Aktivität und Bildung von Mitochondrien. Das sind die Energiegewinnungszentren der Zelle, die Zellkraftwerke. Arginin ist daher von erheblicher Bedeutung für die gesamte Energiestoffwechseleffizienz im Organismus.

Studien zeigen, dass Long-Covid-Patienten häufig Arginin-Mangel und daher auch NO-Mangel haben. Die Folge sind endotheliale Funktionsstörungen, die mit Beschwerden wie Atemnot und chronischer Erschöpfung einhergehen. Die zu niedrigen Arginin-Werte können auch noch Monate nach einer Covid-Genesung anhalten. Bei Arginin-Mangel und daraus NO-Mangel ist die Aktivität der Mitochondrien nur noch eingeschränkt und auch das führt zu Energiemangel, andauernder Müdigkeit, chronisch entzündlichen Erkrankungen oder Degeneration der Synapsen im Gehirn. Aus italienischen Studien geht hervor, dass die Kombination aus L-Arginin und Vitamin C die Endothelfunktion und in weiterer Folge Erschöpfungszustände, Muskelkraft und sowohl körperliche als auch geistige Leistungsfähigkeit deutlich verbessern kann.

Arginin reduziert Stress-, Angst- und Spannungszustände, da es den für Anspannung verantwortlichen Cortisolspiegel senkt. Die (zeitversetzte) Einnahme der Aminosäure Lysin ist hier bei Stresssituationen zusätzlich günstig laut Studien, insbesondere für Männer.

Ein chronischer Arginin-Mangel belastet das Immunsystem und kann Entzündungen ankurbeln. Vor allem Darmentzündungen können damit zusammenhängen. Arginin fördert die gesunde Zusammensetzung der Darmflora, die viele wichtige immunologische Funktionen hat. Außerdem wirkt Arginin antiviral, indem es die Fortpflanzung von Viren hemmt und Prozesse des angeborenen Immunsystems unterstützt. Vermehrung und Differenzierung der T-Helferzellen sowie deren Botenstoff-Freisetzung für die richtige Immunantwort hängen maßgeblich von Arginin ab. Arginin-Mangel begünstigt deshalb Infektionen und Krebs

Arginin erhöht die Ausschüttung von Wachstumshormonen und unterstützt beim Abnehmen durch Steigerung des Energieumsatzes. Es regt den Muskelaufbau an und hilft bei der Verbrennung von Fetten.

Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Kopfschmerzen und Migräne können auf mangelhafte Gefäßweitstellung und schlechte Blutzirkulation zurückzuführen sein. Die in den Wechseljahren stark beanspruchte Leber profitiert ebenfalls von Arginin.

Als natürliches Potenzmittel kann Arginin bei Erektionsproblemen genauso helfen wie bei Kinderwunsch, verbessert es doch Menge und Beweglichkeit von Spermien. Außerdem stärkt es die Funktion der Prostata.

Nebenwirkungen von Arginin
Studien zeigen: Dosen von 3–8 g/Tag sind sicher und sollten keine akuten Nebenwirkungen verursachen. Höhere Mengen können sehr wohl unerwünschte Wirkungen haben. Mengenunabhängig kann eine Allergie auftreten. Magenschmerzen, Völlegefühl, Durchfall, Gicht, Asthma und niedriger Blutdruck sind ebenfalls möglich. Arginin füttert den Herpes-erreger in befallenen Zellen, daher bei einer Herpes-Infektion darauf verzichten. Bei Einnahme von Blutdruck-senkern kann die senkende Wirkung zu stark ausfallen. Bei Nitraten, die den Blutfluss zum Herzen erhöhen, ebenfalls. Schwindel und Benommenheit sind Warnhinweise. Zu Wechselwirkungen kann es auch bei Blutverdünnern und Potenzmitteln – Viagra senkt den Blutdruck ebenfalls – kommen, allerdings geht es auch immer um die Dosierung von Arginin. Bei eher kleineren Mengen, die trotzdem wirkungsvoll sein können, indem beispielsweise die wirkungsverlängernde Aminosäure Citrullin hinzugefügt wird, gibt es weniger Bedenken als bei Arginin-Hochdosen, wie sie von Sportlern eingesetzt werden. Nach Herzinfarkt sollte man auf eine Anwendung verzichten. Zwei Wochen vor einer Operation muss Arginin ausgesetzt werden.

Bluthochdruck kann ein Arginin-Defizit aufzeigen.
Vor allem wenn gleichzeitig auch Homocystein, oxidiertes LDL-Cholesterin und hochsensitives CRP hoch sind.

Lysin und Arginin gleichzeitig?
Die Aminosäuren L-Arginin und L-Lysin sind Gegenspieler. Sie benutzen den gleichen Transportweg in die Zelle und hemmen sich daher gegenseitig in der Aufnahme. Die NO-Produktion wird aber trotz gleichzeitiger Einnahme aufgrund bestehender Arginin-Speicher in den Zellen nicht unbedingt beeinträchtigt. Dennoch ist es ratsam, beide Aminosäuren zeitversetzt einzunehmen, also etwa Arginin morgens und Lysin abends. Dosierungen von 3 Gramm Arginin bei einer Einnahme sind hier kein Problem, da der Tagesbedarf ohnehin bei 3 bis 6 Gramm liegt.
Eine unerwünschte Wirkung von Arginin, das „Füttern“ von mit Herpes infizierten Zellen, kann durch Lysin gehemmt werden. Anstatt Arginin könnte man zur Stickstoffbildung auch die Aminosäure Glycin einsetzen, die oft zusammen mit Lysin und Prolin in Mischungen zum Kollagenaufbau verwendet wird.

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