Warum macht man eine Frühjahrskur? Um den Körper zu entschlacken, Müdigkeit und diverse Krankheitssymptome zu vertreiben und zu verjüngen. Und um schließlich gestärkt und topfit den Frühling begrüßen zu können. Soweit die Vorstellung und sie hat eine lange Tradition, vor allem in unserer Volksheilkunde. Doch während für den einen bittere Frühlingskräuter genau das Richtige sind, um jetzt die Leber zu regenerieren, muss der andere auf ganz etwas anderes achten.
Von Dr. phil. Doris Steiner-Ehrenberger
Frühjahrskuren – darunter Fastenkuren – gibt es seit eh und je. In früheren Zeiten waren sie nicht immer ganz freiwillig, herrschte doch häufig Nahrungsknappheit, bis das Frühjahr wieder neue Nahrungsmittel auf den Tisch brachte. Die „Reinigung der Säfte“ war jedoch schon Paracelsus im 16. Jahrhundert ein Anliegen, wobei Ausleitverfahren bereits in der Zeit der „vier Säftelehren“ vor Paracelsus entwickelt wurden. Allerdings stellt die moderne Medizin die Sinnhaftigkeit von Ausleitverfahren komplett in Frage, die Existenz von Schlacken verneint sie und Gifte, selbst Umweltgifte wie Quecksilber oder Aluminium, werden erst dann als problematisch gesehen, wenn es bei hohen Dosen zu akuten Vergiftungen gekommen ist.UMSTRITTEN: ENTGIFTUNGSMASSNAHMEN IM FRÜHLING
Doch obwohl die Schulmedizin die Unwissenschaftlichkeit der Naturheilkunde anprangert, suchen Menschen Hilfe bei ihr – und finden sie häufig auch. Naturheilkundler setzen Ausleitverfahren meist an den Beginn ihrer Therapien, um den Körper dabei zu unterstützen, seine Entgiftungsleistung zu steigern oder den Stoffwechsel im Gewebe anzukurbeln und eine Umstimmung bzw. Regulation in die Wege zu leiten. „Entgiftung“ bedeutet aber auch, dass täglich anfallende Stoffwechselnebenprodukte eliminiert und potenziell schädliche Stoffe aus der Umwelt ausgeleitet werden – zumindest einmal jährlich im Sinne einer Frühjahrskur. Hier gibt es viele spezielle Therapien, aber auch ganz einfache Tipps, wie sie in jeder Familie überliefert und bis heute bekannt sind.ENTSÄURENDE KRÄUTER UND BALLASTSTOFFE
Im Frühling wendet man in der Volksheilkunde besonders gern diejenigen Pflanzen an, die bei uns als erste im Jahr wachsen, etwa Brennnessel und Löwenzahn. Sie sind als Frischsäfte, smoothies, Salate oder als „Spinat“ geeignet, genauso aber auch – getrocknet aus dem Vorjahr – für Tees oder als Kapseln. Sie fördern alle Ausscheidungsorgane und entsäuern, wirken zudem entzündungshemmend. Die Brennnessel bringt den Vorteil, dass sie nicht allzu abkühlend wirkt und deshalb bei kälteempfindlicher Konstitution besser vertragen werden kann als die übrigen – meist sehr kühlenden – Frühlings-Kräuter. Dazu kombinierbar ist etwa die Akazienfaser oder Baobab als Bindemittel und Unterstützer der Reinigung von Darm und Leber. Die Akazienfaser entlastet zusätzlich noch die Nieren.ERNÄHRUNG DIE HITZE FÖRDERT
Heißes, Scharfes wie Chili, Pfeffer, Curry, Zimt, Anis, Knoblauch, Zwiebel, Lammfleisch, Schalentiere, Muscheln, Essig, Yogi Tee, Austrocknendes wie Kaffee, Rotwein, schwarzer Tee, zu viel Fleisch und Wurst, Fettes, Frittiertes, scharf Gebratenes, GegrilltesHITZESYMPTOME
Man erkennt Hitze an geröteten Augen, aufbrausendem Gemüt (Reizbarkeit), Neigung zu Entzündungen, Schwitzen, Fieber, Körpergeruch, aufsteigendem Hitzegefühl, emotionaler Anspannung, Unruhe, dunklem Urin, brennendem Gefühl, rotem Kopf, Durst, schnellem Puls uvm. Typische Hitzeerkrankungen sind akute und chronische Entzündungen des Verdauungstrakts (Magen, Darm, Leber, Galle), Durchfall, Bluthochdruck, erhöhtes Cholesterin und Blutfette, Bronchitis und Lungenentzündung, gelber Schleim, Borreliose, Hautkrankheiten (Akne, Fisteln, Ekzeme, Herpes, Rosacea, Schuppenflechte, Warzen usw.), Harnwegs-, Blasen-, Niereninfekte, Migräne, Nahrungsmittelallergien (auch Zöliakie), Nasenbluten, Neigung zu Fehlgeburten, vaginalem Ausfluss, Unterleibsentzündungen, Mykosen, Feigwarzen, resistenten Keimen.SHILAJIT REINIGT DAS BINDEGEWEBE
Auch den Shilajit (Mumijo) kann man als Bindemittel einsetzen. Die klebrige mineralische Substanz, die während der Sommerhitze von den Felsen im Himalaya austritt, ist reich an Humin- und Fulvinsäure, sozusagen nährstoffreicher Humus urzeitlicher Pflanzen mit über 60 Mineralstoffen und Spurenelementen in ionischer, gut aufnehmbarer Form. Shilajit hat den Zusatzeffekt, das Bindegewebe zu reinigen und kann noch vieles darüber hinaus. Das im Ayurveda beliebte Reinigungsmittel wird nicht nur, aber besonders gern im Frühjahr zur Entgiftungszeit eingesetzt. Unser Bindegewebe ist ein Netzwerk aus Zellen und Zwischenzellflüssigkeit, deren Zusammensetzung dem Meerwasser gleicht. Es wird auch als Fasziengewebe, Matrix oder System der Grundregulation im Körper bezeichnet. Es stützt, verbindet, umhüllt und ist mit jeder einzelnen Körperzelle in Kontakt. Es gilt auch als das Kommunikationsnetz unserer Zellen. Außerdem ist es wichtig für die Regulation des Immunsystems und steuert den Säuren-Basen-Haushalt. Von hier aus wird jede Körperzelle ernährt und auch von Stoffwechselresten befreit. Der Shilajit hat eine ausgleichende Wirkung auf alle Doshas (Konstitutionen) und dient als Wirkverstärker für andere Natursubstanzen wie Vitalpilze. Nicht geeignet ist er bei extremer Trockenheit (Yin-Mangel) bzw. gehören dazu ausgleichende Yin-fördernde Maßnahmen ergriffen wie etwa die Aloe vera oder der Auricularia Vitalpilz zusätzlich. (siehe auch Artikel „Trockene Haut“ in diesem Heft).SHILAJIT
- Stärkt und reinigt das Bindegewebe
- Reguliert den Säure-Basen-Haushalt
- Entgiftet Schwermetalle sowie Pestizide
- Entlastet den Darm, bei Divertikeln, Hämorrhoiden
- Beseitigt Gifte von Gärung, Fäulnis, Viren, Candida, Parasiten
- Hemmt Entzündungen im Darm
- Lindernd bei Juckreiz, Neurodermitis und Allergien
- Beschleunigt die Wundheilung
- Reguliert Leberenzyme
- Regt die Abwehr an
- Hebt das elektrische Potential der Zelle an
- Wirkt antiviral
- Wirkt im Magen als Ersatz für Säureblocker
- Bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren
- Hemmt Entzündungen
- Schützt die Schleimhaut
- Stärkt die Knochen
- Gegen Gelenksentzündungen und Gelenksödeme
- Antioxidativ und cholesterinsenkend
- Verbessert die Durchblutung
- Reduziert Venenentzündungen
- Senkt Langzeitzuckerwert
- Steigert die Fruchtbarkeit von Frauen und Männern
- Anti-asthmatisch, schleimlösend
- Regeneriert Nerven und Nebenniere
FRÜHLING IST REGENERATIONSZEIT FÜR DIE LEBER
Interessant ist, dass auch andere Kulturkreise das Frühjahr als die Zeit ansehen, in der die Entgiftungsbereitschaft des Körpers sehr groß ist. Die TCM etwa setzt den Jahresbeginn mit dem Beginn der „Regentschaft“ des Holzelements mit seinen zugeordneten Organen Leber und Gallenblase gleich. Pünktlich mit dem chinesischen Jahresbeginn, der sich immer noch nach dem taoistischen Naturkalender orientiert, übernimmt der Lebermeridian die energetische Herrschaft über den Körper. Wer die Pulsdiagnose der TCM beherrscht, kann das überprüfen. Der Lebermeridian „schnurrt“ vor lauter Energie und hat somit besonders viel Kraft zur Regeneration zur Verfügung. Andererseits kann man der Leber mit den falschen Maßnahmen jetzt auch am meisten schaden. Die Leber verträgt zu viel Hitze nicht gut und die nach oben drängende, wachstumsbereite Energie des Frühlings – sie drückt sich in unserem Körper im nach oben aufsteigenden Lebermeridian aus – soll ruhig und ausgeglichen fließen. Die Leber verträgt weder ein zu schnelles Hochschießen durch heiße Emotionen wie Ärger, Wut, Zorn und Eifersucht, noch Stau durch Frust. Auch Hektik, Zeitdruck, Stress und innere Anspannung können zu Hitze führen. Bittere, ausleitende Kräuter kühlen hingegen und leiten Hitze aus. Besonders geeignet sind Baikal Helmkraut mit Andrographis, Mariendistel mit Artischocke oder die Aloe vera. Viel Bewegung im Grünen lässt das Leber-Qi ebenfalls wieder frei fließen. Die unter der Hitze leidenden Körpersäfte (Yin) wollen aber genährt werden. Besonders wichtig bei Yin-Mangel sind Suppen, saftige Eintöpfe, Kompotte und rote Säfte (mehr im Artikel „Trockene Haut“).VÖLLIG ANDERES VORGEHEN BEI MILZ-QI-SCHWÄCHE
Doch Vorsicht: Was dem einen gut tut, ist für den anderen nicht geeignet. Wer unter einer Milz-Qi-Schwäche mit Feuchtigkeit und Schleim leidet, muss auf andere Weise ausleiten zur inneren Reinigung! Gerade bei Entgiftungs- und Fastenkuren wird die Milz aber noch mehr geschwächt. Warum? Die Milz ist die Quelle für die Entstehung des gesamten Qi im Körper und gibt uns im wahrsten Sinne des Wortes Energie. Die Charakteristik der „schwachen Mitte“, wie der Milz-Qi-Mangel auch bezeichnet wird, ist Energiemangel und dass immer pathogene Feuchtigkeit, nicht selten verbunden mit Kälte, sowie Störungen im Qi-Fluss und Ansammlungen von Schleim vorhanden sind. Die Milz kann ihrer Aufgabe, Qi aus der Nahrung zu extrahieren und im Körper gut zu verteilen, nicht gut nachkommen. Das führt nicht nur zu Verdauungsproblemen wie Blähungen, die Nahrung bleibt auch länger liegen als sie soll – und das führt zu Feuchtigkeit. Es geht also konkret um schlecht Verdautes, das in Feuchtigkeit umgewandelt wird, anstatt sofort verwertet zu werden und als Energie zur Verfügung zu stehen.SYMPTOME BEI MILZ-QI-SCHWÄCHE, FEUCHTIGKEIT UND SCHLEIM
Müdigkeit, Kälte, Gewichtszunahme, Stimmungstiefs morgens, benebeltes Gefühl im Kopf, Candida, Hautirritationen, kalte Hände und Füße, Gier nach Kaffee und Süßem, lange Anlaufzeit morgens, schwaches Bindegewebe, Senkungsthematiken, Cellulite an Bauch, Hüften, Oberschenkeln, Neurodermitis, Herpes, Infektanfälligkeit – etwa Verschleimungserkrankungen mit häufigem Schnupfen, Ödeme, Fettunverträglichkeit, Blähbauch, breiiger Stuhl, chronische Verdauungsbeschwerden oder erhöhte Blutfettwerte (Cholesterin!!!), Gefäßproblematiken.- Zu viel grübeln, denken
- Fasten, hungern
- Feuchtes Wetter
- Abkühlende, verschleimende Nahrungsmittel wie Milchprodukte, viele kalte Mahlzeiten, Rohkost, Schweinefleisch (fettes Fleisch), Zucker und Weizen
- Sich Überessen
- Mangel an Verdauungsenzymen
- Unverträglichkeiten auf Nahrungsmittel
- Antibiotika, verbleibt die Feuchtigkeit im Körper, ist der nächste Infekt mit Schleimbildung schon vorprogrammiert